Wenn Handballerträume wahr werden!
Wochenlang hat das Handballdorf Spenge auf dieses Event hingefiebert. Glücklich kann der TuS Spenge darüber sein, dass er ein Organisationstalent wie Horst Brinkmann in seinen Reihen hat. Der 1. Vorsitzende des Handball Oberligisten hatte die »Mission Hamburg« akribisch geplant und vorbereitet. Mit Hand-Outs für den Trainerstab, minutiös getimten Ablaufplänen und Informationen zum Hotel und der Barcleycard Arena. Eine super Vorbereitung – jetzt konnte doch nichts mehr schiefgehen?
Samstag, 8.4., 7:30 Uhr – Es wird gezwickt!
Es ist soweit. Der Mannschaftsbus ist voll bepackt. Trainerteam, Betreuer, Mannschaft, Familien und Fans sind vollzählig erschienen und Betreuer Michael Meinert kommt seinen Pflichten nach, die Teilnehmerliste zu checken. Fazit: Alle an Bord, die Mission kann starten und der Bus setzt sich in Bewegung. Der 1. Vorsitzende Horst Brinkmann und Co-Trainer Sebastian Cuhlmann sind jedoch noch nicht mit von der Partie, sie reisen erst am Sonntag in der Früh an, weil sie am Samstag noch an einer Hochzeit und einem runden Geburtstag teilnehmen. Die Stimmung im Bus ist gelöst, es wird gescherzt und gelacht und in den hinteren Reihen wird schon nach kurzer Zeit - so wie es gute alte Sitte ist - das Holzbrett zwischen die Sitze geklemmt und das Kartenspiel gezückt. Zwicken ist angesagt.
Samstag, 8.4., 13:15 Uhr – Hallenluft schnuppern!
Die Zeit im Mannschaftshotel »The Rilano« in Hamburg wird nur kurz genutzt, um einzuchecken. Die Hansestadt ist an diesem Wochenende gut besucht, gleich zwei sportliche Großereignisse stehen an. Das Final Four Turnier der Handballer in der Barclaycard Arena und das Bundesligaspiel des HSV im Volksparkstadion verzögern die Anfahrt doch sehr und so setzt sich der Spenger Tross vom Hotel aus recht bald wieder Richtung Spielstätte in Bewegung.
Das gesamte Team darf dann bei den Halbfinalspielen der Profis direkt hinter einem Tor Platz nehmen. Schon einmal »schnuppern« wie sich das so anfühlt hier unten an der Platte. Und es fühlt sich verdammt gut an, dass lässt sich an den lachenden Gesichtern der Spieler ablesen. So vergeht ein spannender Nachmittag mit tollen Halbfinalbegegnungen in der Arena und wer spätestens jetzt nicht Feuer und Flamme für den Handballsport ist, dem ist leider nicht mehr zu helfen.
Samstag, 8.4., 19:00 Uhr – Einstimmung auf das große Ziel!
Zum Abendessen trifft der Bus dann wieder am Quartier ein. Vor dem Essen hat Heiko Holtmann die Mannschaft im Raum »Zeppelin« versammelt, um noch einmal eine ausführliche Besprechung mit anschließender Videoanalyse abzuhalten. Vielleicht ist die Bezeichnung »Raum Zeppelin« ein gutes Omen – denn schließlich will man an diesem Wochenende auch sportlich ganz hoch hinaus.
Ausgang für einen abendlichen Hamburgbesuch gibt es jedoch nicht. Nach einem gemütlichen und leckeren gemeinsamen Abendessen nutzt das Team noch einmal die Gelegenheit, den spannenden Tag bei einer Kartenrunde ausklingen zu lassen. Um 23.00 Uhr ist dann Bettzeit und aus Solidarität mit der Mannschaft sind auch alle mitgereisten Fans schon auf ihre Zimmern verschwunden, um sich auf das Spenger Großereignis vorzubereiten.
Sonntag, 9.4., 7:15 Uhr – Matchday!
Wie heißt es doch so schön: »Der frühe Vogel fängt den Wurm«. Schon gegen 6:00 Uhr in der Früh konnte man einen locker gelösten Heiko Holtmann beim Spaziergang an der Elbe beobachten – Energie tanken für den Finaltag. Und auch das Frühstück in dem schon lieb gewonnen »Raum Zeppelin« verläuft locker und gelöst. Marco Fillies trägt zur allgemeinen Erheiterung des Teams bei, indem er die neue »Adiletten-Mode« zum Finaltag präsentiert. Die Vorfreude ist spürbar und an den fein gedeckten runden Tischen schaut man in entspannte, lachende Gesichter.
Sonntag, 9.4., 8:15 Uhr – Es passt alles, oder?
Nach dem Frühstück macht die Mannschaft dann einen Spaziergang an der Elbe – Heiko Holtmann hatte die Strecke am Morgen ja schon erkundet und so bestand also keine Gefahr, dass sich das Team kurz vor dem großen Spiel in der Hafengegend noch verläuft und verloren geht.
Es ist noch recht früh am Tag und über der Elbe zieht ganz langsam der Nebel ab – es scheint ein schöner Tag zu werden. Und der sportliche Leiter Heiko Ruwe frotzelt auf dem Spaziergang: »Irgendwie habe ich ein gutes Bauchgefühl. Das Wetter passt, die Stimmung ist gut. Ich bin mir sicher, dass wir das packen.« Am Wegesrand ist dann auch noch Zeit, ein erstes Erinnerungsfoto für »Mein persönliches Handballalbum« zu schießen. Nach gut 30 Minuten kehrt das Team dann ins Hotel zurück, die Sauerstofftanks sind gefüllt und der Mannschaftsbus sagt dem »The Rilano« auf Wiedersehen, freundlich verabschiedet mit einem: »Wir wünschen Euch viel Erfolg!«.
Sonntag, 9.4., 9:30 Uhr – Die Profis sollen uns Glück bringen!
Allein die Tatsache, dass es sich um die Kabine eines Halbfinalisten vom Vortag handelt, in die die Mannschaft nun einzieht, soll Glück bringen. Jeder Spieler findet schnell seinen Platz in dieser sehr geräumigen, mit Sauna ausgestatteten Umkleide. Hier ist alles größer, schöner und komfortabler – die große »Sportlerbühne« halt. Und so sitzen die Spieler einige Zeit auf ihren Plätzen und lassen den Moment auf sich wirken.
Danach geht es in eine Nachbarsporthalle, in der sich beide Teams vor dem Finale warmmachen können. In der Arena läuft parallel die Generalprobe für der Siegerehrung der Profis am Nachmittag.
Sonntag, 9.4., 10:45 Uhr – Es wird ernst!
Alle haben sich in der Kabine versammelt und Heiko Holtmann stimmt die Mannschaft noch einmal mit einer tollen Ansprache ein: »Männer, das hier ist heute euer Tag. Endspiele sind dazu da, um gewonnen zu werden. Also, geht jetzt da raus und belohnt euch selber – holt euch den Pott.« Und eigentlich hätte das für die nötige Motivation schon ausgereicht, doch der Trainer legt noch einmal eindringlich nach: »Irgendwann wird eure Handballerlaufbahn zu Ende sein und es sind Momente wie dieser hier, an die ihr euch nach vielen Jahren zurückerinnert: wer hat in der Kabine neben mir gesessen, wer hat welchen Witz gerissen, wie hat es gerochen und wie hat sich das angefühlt.« Und dann wünschte Heiko Holtmann jedem Spieler Glück, jeder bekam noch einmal einen väterlichen »Drücker«. Und spätestens jetzt saß dem einen oder anderen das erste Mal eine kleine Träne im Auge.
Sonntag, 9.4., 11:15 Uhr – Der Krimi beginnt!
Angeführt von hübschen jungen Damen, die die Deutschlandfahne vor sich hertragen, betreten die beiden Mannschaften die Arena und stellen sich zur Nationalhymne auf. Das Finale ist noch nicht gespielt und doch ist es jetzt schon ein großer Moment für jeden Spenger Spieler, der da unten auf der Platte steht. Anpfiff!
Unsere Sieben erwischt einen Traumstart, geht schnell mit 4:0 in Führung. Basti Räber hält in den ersten 10 Minuten jeden Ball, der auf sein Tor fliegt. Doch der HSV Bad Blankenburg kommt im Verlauf der ersten Halbzeit immer besser ins Spiel und vor allem kommen sie immer besser mit Spenges 3:2:1 Deckung zurecht. Der HSV wirft sich langsam heran, gleicht in der 29. Minute das erste Mal zum 13:13 aus. Auf der Gegenseite schließt Christoph Harbert mit einem Traumtor zum 14:13 ab, damit geht es in die Halbzeitpause.
Dann folgen 45 Minuten, die in die Spenger Handballgeschichte eingehen werden. Das Blatt wendet sich nun, der HSV Bad Blankenburg setzt sein Spiel immer besser durch. Schlagwürfe aus der Distanz, kraftvolle gewonnene Eins-zu-Eins-Situationen und eine nicht ganz so konzentrierte TuS Deckung bringen die Thüringer mit 24:28 in Front. Doch die Spenger Sieben lässt den Kopf nicht hängen. Es ist zu spüren, dass man dieses Finale noch lange nicht verloren hat. Die Mannschaft dreht den Rückstand - Fabian Breuer, Justus Clausing und Gordon Gräfe spielen zu dieser Phase des Spiels ganz groß auf - und es steht Unentschieden 31:31!!
Dreißig Sekunden vor Ende der Partie pfeifen die Schiedsrichter einen Siebenmeter für Spenge. Wer um Himmels willen hat dieses Drehbuch geschrieben? Dennis Matthews, der seiner Karriere nach Serienschluss beendet und für den dieses Spiel ein ganz besonderes ist, steht an der Marke. Der Torwart hält! Dramatik pur … Spielende. Danach das Siebenmeterwerfen, bei dem man als Spenger Anhänger kaum hinsehen möchte. Alle Spenger Schützen treffen, auch Dennis Matthews tritt noch einmal an und trifft. Unglaublich! Basti Räber hält einen Ball und somit hat Justus Clausing als letzter Spenger
Werfer es in der Hand. Er trifft! Alles was dann kommt, kann man nicht beschreiben, denn Bilder sagen bekanntlich mehr als tausend Worte.
Sonntag, 9.4., 15:30 Uhr – Jetzt wird gefeiert!
Das Siegerteam aus Spenge feiert anschließend in der Kabine. Viel Zeit bleibt jedoch nicht, denn schließlich möchte man sich auch noch das Profi-Finale anschauen. Doch bevor man den Kabinenbereich verlässt, schaut noch der Geschäftsführer Thorsten Storm vom THW Kiel in der TuS-Kabine vorbei, um zu gratulieren. Dann geht es aber in die Arena hinter das Tor, wo man den Pokalsieg ausgiebig weiterfeiert. Das Profi-Finale ist noch in vollem Gange, doch immer wieder recken die Spieler den Pokal in die Höhe und stimmen einen Siegesgesang an. Das Spiel der Profis wird jetzt zur Nebensache und würde man sich die beiden Mannschaften auf der Platte der Barclaycard Arena wegdenken, könnte man glauben, die 13.000 Zuschauer würden allein den Akteuren vom TuS zujubeln. Eine schöne Vorstellung!
Sonntag, 9.4., 16:45 Uhr – Bringen wir den Pott ins Handballdorf!
Dann geht ein unvergessliches Wochenende zu Ende. Die Reisegruppe trennt sich nun das erste Mal. Denn ein großer Teil der Mannschaft wird noch eine weitere Nacht in Hamburg verbringen und ordentlich feiern. Natürlich werden die Fans und Angehörigen nicht auf die Heimfahrt geschickt, ohne ein Erinnerungsfoto aller Beteiligten zu machen. Und was die Mannschaft so in Hamburg erlebt hat, das steht natürlich nicht in der Zeitung. Und wenn die Spieler in der letzten Woche vor dem Finale nachts schon mal vom Sieg geträumt haben, dann muß der Traum ganz nahe an dem dran gewesen sein, was sie hier in Hamburg live erlebt haben. So werden Handballerträume wahr. Herzlichen Glückwunsch!
Der Artikel ist auch noch einmal bei der Neuen Westfälischen nachzulesen: NW Lokalsport